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ERFAHRUNGSBERICHTE

GRUND FÜR EIN ELEKTROBOOT

Wenn das Segelboot die Ehe gefährdet, wird es Zeit für etwas Neues: „Tatort“-Kommissar Axel Milberg weiß inzwischen die Vorteile eines Elektroboots zu schätzen. Eine Liebeserklärung.

Veröffentlicht am 18.06.2017 in WELT

Frühsommer am See. Über den wackligen Holzsteg gehen wir zu unserem Lugger-Segelboot. Ein hübsches kleines Ding, nicht viel länger als fünf Meter und 70 Jahre alt. Die dunkelblaue Persenning wird von ihren acht stramm gezogenen Befestigungen befreit und auf dem Steg zusammengefaltet.

Das Auftakeln und Manövrieren aus dem schilfumstandenen Bootshafen ist immer eine harte Prüfung für unsere Ehe: „Kannst du bitte die Ruder einhängen? Die Ruder! Jetzt, sofort! Vorsicht, der Wind drückt uns ins Schilf. Noch nicht die Segel hochziehen. Nicht! Jetzt lässt du sie auf mich drauffallen! Was habe ich für einen Idioten geheiratet. Pass auf! Du setzt dich einfach hinten hin und machst bitte gar nichts.“ So ungefähr klingt es, wenn meine Frau das Kommando übernimmt. Meine gezischelten Antworten habe ich vergessen. Gedacht habe ich: „Es muss wie ein Unfall aussehen…“

boot my-electroboat elektroboot

Im Schilf, da bin ich überzeugt, sitzt ein Scheidungsanwalt und man muss nur noch vorgefertigte Formulare unterschreiben. Das Ganze wiederholt sich beim Zurückkehren. In umgekehrter Reihenfolge flammen die Beschimpfungen noch einmal auf. Dazwischen eine rauschhafte schöne Welt von Wind, Himmel, Harmonie und alle Sorgen scheinen weit weg.
Erzählen wir an warmen Sommertagen beim zweiten Glas Rosé von unseren Manövern in Ufernähe, überraschen uns selbst erfahrene Segler mit ihren Geständnissen: „Oh, das kennen wir!“– und man legt seinen Arm beiläufig um die Schultern der liebenswerten Ehefrau. Aber heute sehen wir zum ersten Mal auf der anderen Seite des Stegs ein elegantes schmales Elektroboot liegen.

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„my-elektroboot.com“ steht auf seiner spiegelnden Außenwand. Und fast gleichzeitig gehen wir auf das schneidige Boot zu. Zwei Menschen, ein Gedanke, was wäre wenn, wann – und wie viel? Am Telefon meldet sich später der freundliche Philipp Dorsch vom Yachtservice Hanke und hat gleich die Idee, den Besitzer dieses Bootes zu einer Spazierfahrt mit uns zu überreden.

Eine halbe Stunde gleiten wir lautlos über den See hinüber zur anderen Seite. Und der Bootseigner am Steuer schwärmt: Am besten noch vor dem Frühstück rasch eine Viertelstunde rausfahren, zur Mitte des Sees, Motor aus und über das flache Mahagoni-Heck ins Wasser gleiten. Nein, nie wieder mühsam über die Bordwand ins Wasser plumpsen und würdelos ins Bootsinnere zurückgewuchtet werden, sondern über eine dezente, einziehbare Chromleiter zurückklettern. Er nennt es sein „social Boot“, fürs Picknick, zum Chillen und Baden. Zusätzlich spendet, wenn gewünscht, ein fest montierbarer Sonnenschirm Schatten.

Der 1,8 Kilowatt-Motor von Kräutler bewegt uns mit 6,5 Knoten zügig übers Wasser. Die Stille der Natur umfängt uns, wir sind ein Teil der Landschaft, denn kein Außenborder-Dieselmotor dröhnt, bei dem die Wassertiere panisch davonflüchten.

Und Badende fluchen. Ohne Wellenbewegungen, ohne einen Tropfen Gischt teilen wir das Wasser und kommen doch rasch voran. Eine elektronische Anzeige gibt uns den prozentualen Ladestand an, wir können also nie durch eine plötzlich entleerte Batterie überrascht werden. Fahren wir nur ein bisschen langsamer als die Höchstgeschwindigkeit, hält die Batterie bis zu vier Stunden länger.

Unter der Teakholzleiste ist eine LED-Lichtleiste verborgen, es gibt Positionslampen und verchromte Getränkehalter. Auch ein Radio mit USB und Bluetooth-Schnittstelle ist elegant integriert. Selbstverständlich ist alles wasserdicht und robust. Und glücklicherweise sind an den Pollern am Vereinssteg Steckdosen, an denen das Elektroboot versorgt werden kann.

Am Nachmittag lernen wir in Raisting bei Weilheim in Oberbayern in der modernen Werkstatt auch den Inhaber der MY-Electrobot-Werft, Marian Hanke, und sein junges Team kennen, und konfigurieren im Gespräch genau unser Boot. Es sollte am besten so elegant sein wie ein Riva-Boot, aber nicht viel mehr kosten als ein Kleinwagen. Und cool und pflegeleicht sein. Also nicht jedes Frühjahr mit einer aufwendigen Renovierung des Holzrumpfes starten.

Modell Junior“, das passt doch. Der Bootskörper, knapp sechs Meter lang, ist aus Glasfaserkunststoff und die Innenwände aus lackiertem Mahagoni, die umlaufende Leiste aus Teakholz. Auch der zentrale Steuerstand und das Steuer selbst sind aus lackiertem Mahagoni. Das Boot im April einfach zu Wasser lassen, losfahren, im Herbst wieder raus, in einen Stadel oder beim Hersteller gleich warten lassen und lagern und im nächsten Frühjahr geht’s weiter – davon träumen wir.

Und wir erleben zwei Vorteile ganz nebenbei: Wir sind völlig unabhängig vom Wind. Flaute ist wunderbar – schon wenige Wochen später genießen wir die Nacht auf dem Wasser unter einem wolkenlosen Himmel, wir beobachten die fallenden Sternschnuppen im August. Und als wir unser eigenes E-Boot Junior aus der gegenüberliegenden Bucht zurücklenken, die Positionslichter uns den Heimweg ins Schilf leuchten und das Radio Chilly Gonzales spielt, schnurrt meine wunderbare Ehefrau leise: „Ahoi, mein Capitano!“

Bilder: Simon Lohmeyer

Info zum Boot: Axel Milberg‘s MY-Junior trägt die Baunummer 1 – Ja, Milberg fährt quasi mit dem Prototypen über den See. Mit dem Bau diesen Bootes begann 2015 der Erfolg von “MY-Electroboat”.

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